Mittwoch, Februar 06, 2008
Dienstag, Februar 05, 2008
Fasnet 2008
…noch ganz benommen von den vielen Eindrücken muss ich euch folgendes Berichten:
Könnt ihr euch noch an eure Kindheit erinnern? Ein Mal im Jahr wurde fröhlich strahlend zum Kinderfasching in dem Kindergarten oder der Grundschule eingeladen. Da machte man sich dann schick - verkleidete sich als Cowboy oder Prinzessin, als Rotkäppchen oder Clown. Einen Nachmittag lang wurde dann gespielt und gelacht. Lustig war's… und schnell wieder vorbei.
Hier in Baden ist das irgendwie anders… und nachdem ich hier nun schon fünf Jahre hier lebe, fühlte ich mich dieses Jahr zum erste Mal bereit, mir das verrückte Treiben hier aus der Nähe anzuschauen. Ja, ihr lest richtig, ich war tatsächlich auf einem Umzug, quasi live dabei! Denkt man an Fasching, dann kommen oftmals Gedanken zum rheinischen Karneval auf. Die Bilder, die man aus dem Fernsehen kennt, bei denen man versucht so schnell wie möglich wieder weg zu schalten: betrunkene Leute, Kamelle, Alaaf und Helau, laute Musik, viel Geschrei und fremde Menschen geben anderen fremden Menschen "Bützchen".
Hier ist es doch ein wenig anders (aber damit nicht weniger befremdlich für mich).
Lektion 1: Fasching heißt hier "Fasnacht" (oder "Fasnet"). Das habe ich schon recht schnell gelernt - ist dieses Wort doch schon seit Wochen in jeder lokalen Zeitung in großer Vorfreude auf den Höhepunkt dieser Tage zu lesen.
Lektion 2: Der Höhepunkt ist ein großer Umzug direkt durch die Stadtmitte.
Nun könnt ihr euch nicht vorstellen, wie das abläuft. Ich versuche es mal so anschaulich und verständlich wie möglich zu schildern: Auf offener Straße stehen Kinder und, ein wirklich seltsamer Anblick, erwachsene Menschen verkleidet und warten zunächst einmal. Jugendliche treffen sich mit ihrer Clique - und sind auch verkleidet. Keiner erntet dafür komische Sprüche oder wird gar verhauen: das muss so sein. Vereinzelt rufen Menschen nach einer Marie - die scheint hier ziemlich bekannt zu sein, denk ich mir. Aber da irre ich mich. Was im ersten Moment wie "Marie" klingt, ist in Wirklichkeit ein genuscheltes "NARRI", auf dem schon prompt die Antwort aus der Masse kommt: "NARRO" (Lektion 3: Narri - Narro ist also hier der "Schlachtruf").
Der Umzug beginnt - die erste Marschkappelle ertönt lautstark, die Menge jubelt. Nach und nach ziehen die unterschiedlichen Zünfte (Lektion 4a: Das sind die Narrenvereine hier) stolz und gut gelaunt in ihrer Häs (Lektion 4b: Das ist die spezielle Verkleidung. Sieht ein wenig so aus, wie aus alten Filzflicken) an uns vorbei. Die Narri- (Narro)- Rufe werden lauter.
So weit, so seltsam… aber das krasseste kommt ja noch!
Hier werden die Masken- und Hästräger handgreiflich! Es gibt Hexen, die mit einer echten Schweinsblase auf die Zuschauer einschlagen! Andere zerwuscheln fremde Haare und versuchen Konfetti oder ähnliches in den Ritzen der Kleidung zu stopfen. Unschuldige Kinder und Jugendliche werden auch gerne mal entführt und eine zeitlang unter einem Netz, in einem Wagen oder einfach umringt von den Narren gefangen genommen (Keine Angst, die dürfen dann nach ein paar hundert Metern wieder zurück laufen.). Diese Schikane wird aber nicht als negativ angesehen - im Gegenteil, es ist eine Ehre, von den Holzmaskenträgern ausgewählt zu werden!! Kichernd und mit hochrotem Kopf flitzen die Jugendlichen zurück, Kinder lachen und freuen sich… und haben wahrscheinlich noch wochenlang in der Schule das beste Gesprächsthema von allen. Verrückt!
Fasnacht ist hier sehr traditionsreich. Die Zünfte existieren teilweise schon seit mehr als 500 Jahren. Die Verkleidung (Häs, siehe Lektion 4b ;o)) wurden zum großen Teil genau so vor hunderten von Jahren getragen, ebenso, wie die furchteinflößenden Holzmasken.
Generationsübergreifend hat jeder Spaß und erfreut sich an dem bunten Treiben. Irgendwie auch schön…